Traum Alp – Älplerinnen im Porträt (Daniela Schwegler, Vanessa Püntener)

Buchcover "Traum Alp"

Leben und arbeiten in Mitten der Natur. Zwischendurch eine Pause und die Füße im klaren Gebirgsbächlein abkühlen, während man die traumhafte Aussicht über das Tal genießt. So oder so ähnlich stellt sich sicher manch ein Flachlandbewohner das Leben auf einer Alp vor – doch diese Alpidylle wie in einem Heidifilm gibt es in der Realität nicht und den meisten dürfte das durchaus auch bewusst sein. Trotzdem fehlt der Einblick, wie das denn nun wirklich ist, zu alpen. Autorin Daniela Schwegler hat 15 Älplerinnen zwischen 20 und 75 Jahren besucht und in ihrem Buch porträtiert, untermalt durch Aufnahmen von Fotografin Vanessa Püntener.

Auf Luxus muss man beim Leben und Arbeiten auf der Alp weitgehend verzichten – das überrascht nicht. Ein wenig ist es – wie eine der porträtierten Älplerinnen selbst sagt – wie Ballenberg, ein Stück weit eine Reise in die Vergangenheit, umindest weg von der Zivilisation und der Technik, die den Alltag heute dominiert. Trotzdem zieht es auch heute noch iele Menschen, hauptsächlich Frauen, jeden Sommer hinauf „z’Alp“. Das vorliegende Buch gibt tiefe und teils auch sehr persönliche Einblicke ins Innere der Frauen, die dies auf sich nehmen und mit Leib und Seele Älplerinnen sind.

Herausgekommen sind 15 Porträts sehr unterschiedlicher  Frauen auf sehr unterschiedlichen Alpen. Diese unterscheiden sich nicht nur in den Tierarten, die zum Sömmern auf die Alp kommen, sondern schon beginnend bei der

Infrastruktur, die bis hin zu Alpen reicht, die ohne fließend Wasser, elektrischen Strom oder eine Zufahrtstraße auskommen müssen. So unterschiedlich die Gebäude, so verschieden sind auch die beschriebenen Frauen. Darunter sind Aussteigerinnen,  die dem Stadtleben entfliehen genauso wie  studierte Fachkräfte, die die Landwirtschaft an der Hochschule gelernt haben und nun vom Staat subventioniert ohne Kranken- und  Rentenversicherung auf der Alp leben. Nicht nur das Geld ist knapp, auch Freizeit haben die Älplerinnen nur sehr spärlich. Der Arbeitsalltag geht oft  von morgens um vier bis abends um neun an sieben Tagen in der Woche. Die Arbeit ist nicht nur hart, sondern auch gefährlich, das wird einem vor Augen geführt, noch bevor man mit dem Lesen beginnt. In einem seperat im Buch eingelegten Kärtchen erfährt der Leser, dass eine der porträtierten Älplerinnen im Juli 2013 bei einem Felssturz ums Leben kam. Auch in den anderen Porträts erzählen die Frauen von Blitzeinschlägen und Unwettern, die oben in den Bergen andere Dimensionen haben, als im Dorf im Tal.

Die Porträts sind äußerst abwechslungsreich  und kurweilig. Die Autorin hält sich dabei sehr zurück und bis auf jeweils einen kurzen Einleitungstext sind die Porträts fast ausschließlich in der Ich-Form aus Sicht der Älplerinnen verfasst – ein Stilmittel, das den Leser viel näherkommen lässt und den teils sehr persönlichen Schilderungen gerecht wird. Mit jedem Porträt wächst die Faszination Alp beim Leser, aber auch der Respekt und die Hochachtung vor der schweren Arbeit in den Bergen. Wer beim Lesen des Buchs auch den „Traum Alp“ vor Augen hat wird sich über die Wandervorschläge freuen, die jedem Porträt folgen und zu der beschriebenen Alp oder daran vorbei führen (Tipps zur Anreise und geeignetem Kartenmaterial inklusive). So können Interessierte vielleicht schon im Voraus für sich herausfinden, ob sie sich die Alp auch wirklich als Arbeitsort vorstellen können, oder ob der Traum Alp nicht eher zum Alptraum würde. Manche Alpen bieten auch Unterkunft für Wanderer an. Ohne die Verpflichtungen des Älplerinnenalltags kann man so die Alppostkartenidylle wirklich als solche genießen. Aber auch wer lieber zu Hause bleibt findet nach jedem Porträt eine Möglichkeit, die gewonnenen Eindrücke zu vertiefen: Jeder der porträtierten Frauen hat ein Rezept für ein typisches Alpgericht aufgeschrieben, das man zu Hause nachkochen und das Alpleben zumindest kulinarisch erleben kann.

Abgeschlossen wird jedes Porträts mit mehreren Fotos aus der Kamera von Fotografin Vanessa Püntener. Diese halten den Alltag auf der Alp authentisch fest und ziehen den Leser mehr als einmal in die Alpidylle, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Sie liefern die Gesichter zu den Porträts und verhelfen ganz einzutauchen in den „Traum Alp“.

Daniela Schweglers neuestes Werk ist eine hochinteressante Lektüre für alle, die Interesse an der Schweizer Alpenwelt haben und dabei nicht auf die Schönheiten der Natur beschränkt sind, sondern sich auch für das Leben der Menschen interessiert. Auch der Großstadtdeutsche und -schweizer wird fasziniert sein von den starken Persönlichkeiten und spannenden Geschichten, die die 15 Älplerinnen erzählen. Die Frauen, die sonst abseits der Zivilisation und damit auch abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit ihrem hochanstrengenden und nicht ungefährlichen Beruf nachgehen erhalten mit diesem Buch jene Aufmerksamkeit  und Wertschätzung, die sie verdienen.

Titel: Traum Alp – Älplerinnen im Porträt
Autorinnen: Daniela Schwegler (Link), Vanessa Püntener
Verlag: Rotpunkt Verlag (Link)
Seitenzahl: 256
Preis (D): 31,50 Euro (gebunden)
ISBN-10: 3858695572
ISBN-13:  978-3858695574
Erschienen: 13. August 2013

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